Das Leben und die Arbeit der Bauern in Meisenbach

 

 

Die Bauern in unserem Dorf waren seit dem Mittelalter und auch schon früher in Unfreiheit und Leibeigenschaft geraten. Sie mussten von ihren spärlichen Ernten den zehnten Teil an Adel und Obrigkeit abgeben. Auch ihre Arbeitskraft und auch die der Familienmitglieder musste zum Teil an zwei bis drei Tagen in der Woche dem Lehnsherren zur Verfügung gestellt werden. Erst im 19. Jahrhundert wurde ihnen mehr Recht und Freiheit zugestanden.

Dank der Gründung von Selbsthilfeorganisationen, wie der Raiffeisengenossenschaft im Jahre 1883 in Neukirchen, kamen sie in eine bessere wirtschaftliche Lage. Durch diese Einrichtung in unserem Gebiet konnten sich die Bewohner unseres Dorfes weitgehend von den privaten Geldgebern, die vielfach Wucherzinsen verlangten, lösen. Bei Investitionen für Haus und Hof sowie zur Anschaffung von Saatgut und Dünger war nun die ländliche Genossenschaft der ideale Partner, der sich nun schon über 130 Jahre bewährt hat.

Die Menschen in Meisenbach haben schon immer Landbau und Viehhaltung betrieben. Sie haben dies jahrhundertelang mit den einfachsten technischen Mitteln bewältigt. Die Bestellung der Äcker wurde mit Kühen und Ochsen, später dann mit Pferden ausgeführt. Die Geräte dazu, wie Pflug und Egge, waren aus Holz, außer Schar und Zinken. Gesät wurde mit der Hand aus einem Saattuch. Das reife Getreide haben die Männer zuerst mit der Sichel und später mit der Sense gemäht. Die Frauen nahmen das Getreide auf und legten es in Garben ab. Gegen Abend wurden die Garben gemeinsam gebunden und in Hocken aufgestellt. Nach ein paar schönen Tagen war das Getreide trocken und wurde mit dem Leiterwagen in die Scheunen gefahren.

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts haben die Bauern bei uns das Getreide mit Flegeln gedroschen. Diese Arbeit wurde in der Scheunentenne durchgeführt und zog sich bis in den Winter hin. Das Gras zur Futter- und Heugewinnung wurde ebenfalls mit der Sense gemäht, mit dem Rechen gewendet und mit der Gabel auf den Leiterwagen geladen. All diese Arbeiten waren sehr zeitraubend und mit schwerer körperlicher Anstrengung verbunden.

Mitte des vorigen Jahrhunderts hielt dann die Technisierung auch in der Landwirtschaft unseres Dorfes Einzug. Zuerst haben sich die Bauern in einer Dreschgemeinschaft zusammengeschlossen und eine Dreschmaschine, die von einem Dampfkessel angetrieben wurde, angeschafft. Später wurde sie von einem Traktor und dann mit einem Elektromotor angetrieben. In der Ernte des reifen Getreides kam zuerst die Mähmaschine, dann der Getreidemäher und schließlich der Selbstbinder zum Einsatz. Erst ab 1965 kam der Mähdrescher ins Dorf. Zuerst im Lohndruschverfahren, dann wurden selbst welche angeschafft. Diese Maschine leistet vom Mähen über das Dreschen bis zum Trennen von Korn, Spreu und Stroh eine ideale Arbeit.

Auch bei dem einbringen von Grünfutter und Heu wurde mehr und mehr die Technik eingesetzt. In den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts gab es in Meisenbach die ersten Mähmaschinen, Gabelwender und Heurechen. All diese Maschinen wurden von Pferden, Kühen oder Ochsen gezogen. Dennoch war das mit Handarbeit verbundene Aufladen und das Stapeln in der Scheune noch sehr arbeitsintensiv. Erst als der Traktor in den fünfziger Jahren das Zugvieh ablöste, gab es in der Technisierung einen gewaltigen Fortschritt. Die Feldbestellung, das Düngen und Pflügen der Frucht sowie sämtliche Transportarbeiten wurden mit dem Schlepper ausgeführt. Ausgang der sechziger Jahre gab es in Meisenbach kein Pferd mehr. So um das Jahr 1965 kam der Ladewagen auf den Markt. Diese Maschine brachte und bringt bis heute wohl die größte Arbeitserleichterung. Ob beim Einbringen von Grünfutter, Heu oder Stroh; diese Maschine erfüllt diese Anforderungen zur vollen Zufriedenheit.

Der technische Fortschritt fand aber nicht nur auf dem Sektor der Landwirtschaft statt. Auch in der Viehhaltung und Hauswirtschaft brachte die Technik viele neue Verfahren mit sich. Wenn noch bis nach dem 2. Weltkrieg die Kühe von Hand gemolken wurden, so brachte der Einsatz von Melkmaschinen ab den fünfziger Jahren für denjenigen, der melken musste, große Erleichterung. Die Entmistung der Ställe, die früher mit Hand und Karre bewältigt werden musste, wird heute mit mechanischen Anlagen ausgeführt. Das Ausbringen von Dung wird nun mit Frontlager und Dungstreuer ausgeführt. All das wurde bis dahin mit der Hand und der Mistgabel bewältigt.

 

Die Arbeit der Bäuerin in den früheren Zeiten war auch recht aufwendig und schwer. Die Versorgung der Familie mit Essen und Trinken, auch mit Kleidung und das Sauber halten von Wäsche und Haus was fast ausschließlich Handarbeit. Da die Familie eines jeden Bauern sich fast ausschließlich aus der eigenen Produktion versorgte, wurde noch im Dorfbackhaus das Brot gebacken. Für den Bedarf an Butter hatte jeder Haushalt eine Zentrifuge, die den Rahm aus der Milch schleuderte. Aus dem Rahm wurde dann in einem eigens dafür vorhandenen Butterfass die Butter erzeugt. Auch der in der Familie gebrauchte Käse wurde nach einem alten Verfahren aus der Milch hergestellt. Für die Herstellung von Stoffen aus Leinen war fast in jedem Haus ein Webstuhl vorhanden; der dafür notwendige Flachs war im einen Betrieb erzeugt worden. Was den Bedarf an Wollsachsen für den Winter anbelangte, waren auf dem Hof Schafe vorhanden. Deren Wolle wurde alljährlich durch besondere Behandlung zum Spinnen hergerichtet und zu warmen Stricksachsen verarbeitet. Wenn man heute in einem Bauernhaushalt schaut, so kann man feststellen, dass sich die technischen Abläufe im Haushalt einer Bäuerin von denen anderen Berufen kaum mehr unterscheidet. Es sind überall technische Maschinen vorhanden; Waschmaschinen, Elektroherde, Kühlschränke, Mikrowelle, Spülmaschine usw. Heizung im Haus und Bad mit Dusche sind vorhanden. Auch das Fernsehgerät fehlt heute in keinem Bauernhaus.

Durch all diesen technischen Fortschritt, hat sich der Einsatz von Arbeitskräften in der Landwirtschaft erheblich verringert. Die Produktion von landwirtschaftlichen Erzeugnissen dagegen stets erhöht. Die junge Generation hat fast ausnahmslos andere Berufe ergriffen und arbeitet in den Städten in auswärtigen Betrieben.  Landwirtschaftliche Vollerwerbsbetriebe gibt es heute keine mehr, sie werden im Nebenerwerb bewirtschaftet. Diese Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen und man blickt mit Sorge in die Zukunft. Zur Zeit gibt es noch einen Getreidebauer im Vollerwerb  in Meisenbach. Es stellt sich die Frage, ob bei den derzeitigen schlechten Einkommensverhältnissen in der Landwirtschaft die Äcker und Wiesen im 21. Jahrhundert noch ordnungsgemäß gepflegt werden oder ob vieles einfach brach liegengelassen wird und die notwendigen Gebäude dem Verfall preisgegeben werden.